Hochsensibilität/Emotionalität

Das Thema ist sehr umfassend und es gibt Überschneidungen mit Hochbegabungsphänomenen.

Hochsensibilität wird von der Wissenschaft erst seit kurzem betrachtet und kontrovers diskutiert. Falls Sie sich tiefergehend damit beschäftigen möchten, empfehle ich folgenden Wikipediartikel als Einstieg (https://de.wikipedia.org/wiki/Hochsensibilität).

Auch über den Informations- und Forschungsverbund Hochsensibilität e.V. (IFHS) (www.hochsensibel.org) finden Sie gute Informations- und Vernetzungsmöglichkeiten.

Ich erziele in meiner Praxis die besten Erfolge, wenn ich Hochsensibilität als Symptom einer außergewöhnlich schnellen, intensiven und stark vernetzten Reizverarbeitung und/oder reduzierter Filterfähigkeit konzipiere. Auch die emotionalen Zentren können hiervon betroffen sein, was dann mit einer intensiven Emotionalität einhergeht. Dies übrigens im Positiven wie im Negativen. Emotionen gehen mit einer Aufmerksamkeitsfokussierung, spezifischen Gedanken und Bewertungsmustern, körperlichen Veränderungen sowie motorischen und Handlungsimpulsen einher. Je intensiver eine Emotion ist, desto schwerer ist es, sie zu hinterfragen, sich davon zu distanzieren und sie regulieren. Dies führt zu Belastungen für die Person und der Umwelt. 

Bei Kindern und Jugendlichen ist hinsichtlich der Emotionalität ist noch einen weiterer Aspekt zu beachten. Bei Hochbegabung besteht in jüngeren Jahren eine Reifungsdiskrepanz zwischen kognitiven und emotionalen Hirnarealen. Praktisch heißt dies folgendes: Ein Kindergartenkind schnappt z.B im Radio etwas auf. Es ist kognitiv schon so weit entwickelt, dass es versteht, dass die Entwicklung zum Krieg führen kann. Emotional funktioniert es aber entsprechend seinem tatsächlichen Alter und kann die entstehende Angst nicht bewältigen.  

Hochsensiblen werden oft spezifische Persönlichkeitseigenschaften zugeordnet. Diesbezüglich sollte man meiner Ansicht nach jedoch immer vorsichtig sein. Wenn man Persönlichkeitseigenschaften voraussetzt oder versucht, diese zu finden, droht ein "Horoskop-und Schubladen-Effekt" und man läuft Gefahr, die individuelle Persönlichkeit zu verkennen. 

Ebenfalls wichtig ist die Differentialdiagnostik: es gibt psychische Störungen, die zu gleichen Phänomenen wie Hochsensibilität führen können. Fehldiagnosen bergen das Risiko von Stigmatisierungen oder langwierigen und erfolglosen Therapien (s.a. Fehl- und Doppeldiagnosen). Hinsichtlich der Hochsensibilität sollte abgeklärt werden, ob z.B. ein Trauma, langfristiger Stress und damit assoziierte psychische Erkrankungen, eine Autismusspektrumsstörung, eine Psychose oder eine Persönlichkeitsstörung die Symptomatik oder Teile davon verursacht. Dies würde andere oder zusätzliche Herangehensweisen erfordern, als die Bearbeitung einer "reinen" Hochsensibilität.

Da die Ursache der Hochsensibilität ein "Hardware-Problem" zu sein scheint, muß die Behandlung der Schwierigkeiten  darauf abzielen, diese zu beeinflussen und für das, was nicht veränderbar ist, Umgangsstrategien und positive Einstellungen zu finden. 

In meiner Praxis haben sich v.a. folgende Methoden bewährt:

  • Ressource der Besonderheit erarbeiten
  • Warnsignale und Reizdosierungsmöglichkeiten erarbeiten
  • Entspannungsmöglichkeiten erarbeiten 
  • Methoden trainieren, die ein aktives Herunterfahren des Nervensystems ermöglichen
    z.B. PEP nach Michael Bohne oder Atementspannungstechniken
  • Mit Trancen auf die Reizverarbeitung einwirken (z.B. Schutzanzug anziehen, Filter einbauen u.ä.)
  • Emotionsregulationskompetenzen stärken,
    z.B. mit dem Training emotionaler Kompetenzen nach Berking
  • Selbstwert stärken
  • Perspektive Normalsensibler nachvollziehen 
  • Individuelle Kommunikationsstrategien erarbeiten, die den konstruktiven Austausch über die verschiedenen Wahrnehmungen und Bedürfnisse leichter machen

Informationsmöglichkeiten zu den einzelnen Methoden und Seminarangebote finden Sie im Beratungs- und Therapiekonzept unter dem Unterpunkt Methodenempfehlungen.

 

Zum Weiterlesen:

Gerechtigkeits-
empfinden

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